Dokfünf
Keywording
Undercover im Bildermarkt: Keywording
Wenn Bilder als Ware gehandelt werden, dann befinden wir uns auf dem Bildermarkt. Und wenn gehandelt wird, und seien es auch nur Bilder, dann wird gesprochen. Der Bildermarkt ist immer ein Wörtermarkt.
Das ist - vordergründig - trivial.
Natürlich werden die Wörter als Wörter nicht ver- oder gekauft, die Worte sind nur Mittel zum Zweck. Ohne Schlagworte können Bilder nicht geordnet, gesucht, gefunden werden.
Bilder ohne Worte sind - jedenfalls im Bildermarkt - wertlos.
Nur durch Worte werden Bilder überhaupt zur Ware. Die Mittel, die „Vehikel“ der Bildbeschriftung, der Bildbeschreibung, der Verschlagwortung nennen wirSchlagworte oder Deskriptoren.
Die Vehikel des Keywording nennen wir im Unterschied dazu Schlüsselworte oder Keywords.
Das Ergebnis der Verschlagwortung/Indexierung nennen wir Indexat. Das Ergebnis des Keywording nennen wir Keytext.
Unsere These ist: Keywording und Verschlagwortung sind nicht dasselbe. Ein Schlagwort ist nicht per se ein Schlüsselwort und vice versa. - Verschlagwortung ist Pflicht, Keywording ist Kür.
Was bedeutet das?
Ein Deskriptor ist zwar immer ein Kandidat für ein Keyword, aber viele typische Deskriptoren werden beim Keywording - der Bildidee - geopfert. Umgekehrt ist ein Keyword, wenn es keine Bildtatsachen beschreibt, auch kein typischer Deskriptor.
Zur einfachen Unterscheidung von Deskriptor und Keyword bleiben die klassischen Fragen: Wer? Was? Wann? Wo? ein guter Leitfaden.
Das Wort, das auf diese Fragen jeweils antwortet, ist normalerweise ein Deskriptor.
Wir können außerdem mit den Fragen Wie? Woraus? Womit? Informationen über die formal-gestalterischen Eigenschaften eines Bildes erhalten. Diese formalen Deskriptoren benennen allerdings Bildtatsachen problematischer Natur, da sie das Foto nicht als bloßes Spiegel-Bild von Tatsachen erklären, sondern als Inszenierung, Komposition, Synthesis.
Es sei hier nur auf die neuesten Möglichkeiten der virtuellen Fotografie, der Computer Generated Imagery verwiesen. Mittels CGI wird das Bild/Foto ausschließlich digital generiert.
Die Objekte der Welt sind nicht länger Vor-Bilder, sondern werden von digitalen Tools überhaupt erst erschaffen: als Schöne Neue Schein-Bilderwelt. Das klassische Bildmotiv ist ab jetzt entbehrlich.
In diesem Kontext ist schon sehr bemerkenswert, dass ein Bild auch ganz ohne Antworten auf die klassischen Fragen Wer? Was? Wann? Wo? sehr gut beschriftet und verkaufbar sein kann: mit Keywords.
Verkaufbarkeit. Das ist - im Unterschied zur Verschlagwortung - die zentrale Aufgabe des Keywording.
Im Zeitalter der Reproduzierbarkeit wird das Bild als Unikat und Prototyp unvermeidlich depotenziert. Die Erfindung der analogen Fotografie im ersten und der digitalen Technologie im zweiten Schritt verschärft die Krise des Bildes als Dokument und als Kunstwerk dramatisch.
Die Ära des Picture Processing hat begonnen: Das Bild, die Fotografie wird zur schnell zirkulierenden Massen-Ware. In diesem ganz neuen Bilderbusiness dient das Image Keywording vornehmlich der Erzeugung von Mehrwert in Gestalt intelligenter Informationen zum Zweck der Optimierung des Bildverkaufs.
Nach den konventionellen Gesetzen der Bildbeschreibung ist ein Bild mit 50 Deskriptoren immer genauer und besser beschrieben als mit 25 Deskriptoren. Im global-digitalen Bilderbusiness dagegen verbessern bereits 25 gute Keywords den Bildverkauf, weil sie die Bildsuche signifikant beschleunigen, die Volltrefferquote erhöhen und die Frustrationsquote der Kunden deutlich reduzieren.
Die Urteilskraft des Keyworders prüft die Bildtatsachen, die Deskriptoren, auf ihre Tauglichkeit zum Keyword. Ein Casting. Als Leitfaden dienen hier die Fragen: Wozu? Wofür? Wem nützt es? - Fragen, die der typische Archivar nicht stellt.
Keywording betrachtet jedes Bild im Kontext seiner Verwendungs-Optionen, der Möglichkeiten, der potentiellen Nützlichkeit. Wir können Keywording als optimierte und fokussierte Verschlagwortung beschreiben. Der Keyworder antizipiert die Vielzahl möglicher Betrachtungsweisen und Blickwinkel, mit denen ein Bild wahrgenommen werden kann.
Während der Archivar primär die Authentizität, Wahrheit und Richtigkeit von Bildwissen und Bildtatsachen prüft, prüft der Keyworder außerdem ihre Wichtigkeit und Bedeutung. Er sucht nach Bildidee und Bildkonzept.
Die Bildidee ergibt sich aus der Bewertung des Ensembles der Bildtatsachen, ihrer Wechselwirkung. Die einzelnen Bildtatsachen werden als Bausteine in einem größeren User-Kontext betrachtet, bewertet, gewichtet.
Dabei ist eine Bildidee immer Synonym für einen Bildverwendungszweck: Wem könnte dieses Bild wofür nützen? Welches Keyword bringt diesen besonderen Nutzen auf den Begriff?
Wir befinden uns im Labyrinth der Semantik. Keywording befragt Deskriptoren nach möglichen, zusätzlichen Begriffsinhalten bzw. Bedeutungen: nach Konnotationen und Kontexten.
Auch die Bildkunden/Bildkäufer verbinden, konnotieren mit jedem Deskriptor immer wieder andere, überraschende Bedeutungen und Begriffsinhalte.
Stets kreist diese Suche nach Haupt- und Nebenbedeutungen um die Frage nach der einen, zentralen Bildaussage. Was ist die erste Anmutung, der tiefste Eindruck, die stärkste Botschaft?
Alan Capel von Alamy etwa spricht hier von "super keywords" und sortiert Keywords nach Wichtigkeit in einer Drei-Stufen-Hierarchie.
Keywording muss bei der Definition einer Bildidee vieles berücksichtigen: die Denkungsart, den Wortschatz, den Sprachgebrauch, die Herkunft, die Kultur, den sozialen und beruflichen Background möglicher Kunden und Zielgruppen, gesellschaftlich relevante Themen, aktuelle Trends.
Dabei ergeben sich nicht selten Widersprüche: denn im breiten Spektrum möglicher Bildkunden finden sich unvermeidlich verschiedene, kontroverse, zuweilen kontradiktorische Betrachtungsweisen: es gibt für kein einziges Bild eine intersubjektiv verbindliche, einheitliche und endgültige Rezeption.
Die Widersprüche über das "richtige" Keywording verschärfen sich noch, weil ein Foto von unterschiedlichen Anbietern für ganz unterschiedliche Zielgruppen in ganz unterschiedlichen Markt- und Preissegmenten angeboten wird oder angeboten werden kann.
Rights Managed, Royalty Free, Macrostock, Microstock - das sind nur einige wenige Stichworte, die das Spannungsfeld grob skizzieren, in denen Keywording sich behaupten muss.
Pragmatisches Ziel bleibt dennoch immer: die Frustrationsquote der Bildkunden zu minimieren und die Verkaufsquote zu maximieren. Die Verkaufsquote, daran sei erinnert, ist etwas anderes als die Trefferquote: Ein Treffer ist nicht automatisch ein Volltreffer, ein Verkauf.
Hier gibt es immer noch ein Missverständnis über das Verhältnis von "views", den primären Treffern, den "zooms", "clickrates" und den "sales". Immer noch ist es Usus bei Fotografen, ein Bild mit trendigen, assoziativen, viel zu vielen, ungenauen, Keywords zu betexten, nur um eine besonders hohe Trefferquote zu erzeugen bzw. zu erzwingen.
Im übrigen zeugt dieses Spamming auch von einem erstaunlich geringen Vertrauen des Fotografen in die Qualität der eigenen Fotos und natürlich von dem massiven Druck in der Bilderbranche.
Sollten Fotografen über das Prinzip der Massenproduktion neu und grundsätzlich nachdenken? Fotografieren wir uns zu Tode?
Inzwischen hat das intelligente Datenbankmanagement reagiert und errechnet für Bilder mit "hoher Clickrate" und "schlechter Verkaufsrate" ein schlechteres Ranking als für Bilder mir relativ "geringer Clickrate" und "guter Verkaufsrate".
Natürlich fließen in diese Algorithmen diverse andere Parameter ein. Wichtig ist und bleibt: wirklich gutes Keywording ist volltreffer-orientiert und daher sehr anspruchsvoll.
Da sich Kultur, Sprache, Wortschatz, Themen, Trends, Wünsche, Hoffnungen usw. unaufhörlich ändern, ein Keytext, aber nicht permanent reformuliert werden kann, präsentiert Keywording nie eine wissenschaftlich fundierte Lösung, niemals einen perfekten Keytext. Keywording ist immer ein Provisorium.
Dabei erschöpft auch die Summe von Deskriptoren und Keywords noch nicht die Gesamtheit der Metadaten zum Bild. Diese Totalität der Informationen zum Bild nennen wir Bildwissen.
Dieses Background-Wissen wird zwar auch in den IPTC-Feldern gespeichert, sollte aber bei der externen Online-Bildsuche nicht automatisch abgegriffen werden.
Das ist wichtig: denn es handelt sich um elementare Informationen zum Bild, die trotz objektiver, dokumentarischer Richtigkeit eine Bildsuche verfälschen können - also qua Begriff weder zum Deskriptor noch zum Keyword taugen.
Die fundamentale Problematik der Definition von Bildtatsache, Bildidee und Bildwissen sei hier nur kurz benannt. Ausführlich behandeln wir dieses Thema an anderer Stelle.
Zusammengefasst: Ein guter Keytext besteht nicht aus einer Summe von Schlagworten, sondern gleicht einem Konzentrat, einer Essenz. Als Subtext gibt er jedem Bild einen unverwechselbaren Fingerabdruck. - Weniger ist Mehr.
Was bedeutet das?
Der Archivar, der klassische Dokumentar ist an der akribisch detaillierten Bildbeschreibung interessiert, an der Systematik, an der Struktur und internen Ordnung seines Bildarchivs. Deshalb auch hat beispielsweise der Thesaurus für das klassische Bildarchiv eine zentrale Bedeutung.
Im Unterschied zum Archivar oder Kunstgeschichtler interessiert sich der Bildkunde/Bildkäufer im modernen Bildermarkt nicht für Bildtatsachen an sich oder für das besondere Verhältnis eines Bildes zu anderen Bildern im größeren Kontext weiterer Bilder oder für den kunstgeschichtlichen oder ästhetischen Status eines Bildes.
Der typische Bildkunde im E-Commerce benötigt weder eine exakte noch eine ausführliche Beschreibung eines Bildes. Er hat in der Regel auch kein wissenschaftliches Interesse.
Er will nur sein ideales Schlüsselbild finden. Deshalb wird der Thesaurus in einer kommerziellen Bilddatenbank marginalisiert.
Die kommerzielle Öffnung der Archive hat die Verwandlung der esoterischen Archivsprache in eine öffentliche Suchsprache eingeleitet, die Entwicklung der digitalen Medien, des Internet hat sie dramatisch beschleunigt und der vorläufige Höhepunkt ist die Online Datenbank.
Dies alles bedeutet auch eine sukzessive Entmachtung des klassischen Archivars und seiner Schlüsselfunktion. Die Demokratisierung der Recherche hat in den Printmedien begonnen, die Bibliotheken und Pressearchive sind heute Volltextdatenbanken – oder anachronistisch.
Die Volltextsuche erlaubt jedem Interessierten via Interface prinzipiell den Zugriff auf alle Bücher, Schriften, Texte als digitale Dateien. Das digitale Buch macht dem körperlichen Buch zunehmend Konkurrenz und im Bildermarkt wird das körperliche Bild vom digitalen Bild verdrängt.
Die nächste Stufe der Eskalation in diesem Wettstreit der Bildsprachen und Angebotsformate hat mit der Konjunktur der Bewegtbilder, der Werbefilme und Online-Videos schon begonnen. Auch hier ist Keywording gefragt.
Auf der Kundenseite hat sich gleichzeitig das Suchverhalten geändert. Der typische User-Bildkäufer-Online hat bei der Bildsuche einen sehr engen Fokus, sucht pointiert mit sehr wenigen Schlüsselworten in sehr hohem Tempo und nutzt nur selten das Angebot zusätzlicher Tools, sei es eine systematische Suche, sei es ein definiertes Vokabular oder einen Thesaurus.
Archive und Archivare müssen dem neuen Bildermarkt mit seinen digitalen Bilderfluten und seinen neuen rastlosen Bildkunden mit neuen Mitteln und neuem Denken begegnen.
Verschlagwortung ist eine zuverlässige Archivsprache. Insbesondere im Bilderbusiness Online muss sie aber verfeinert werden, um wettbewerbsfähig zu werden bzw. zu bleiben. Die neue, den digitalen Medien adäquate Such- und Recherchesprache heißt Keywording.
Das Berufsbild des Archivars verändert sich dramatisch. Die Hüter der Bilder müssen ihre Schatzkammern öffnen. Der klassische Archivar wird entweder marginalisiert und ganz vom Interface ersetzt oder er wandelt sich mit dem Bildermarkt – hin zum Keyworder.
Keywording erschließt nicht das Bild an sich und nicht mit wissenschaftlichem Interesse, sondern nimmt das Bild primär mit dem Interesse der Vermarktung ins Visier. Es ist immer kunden-, zielgruppen- und verkaufsorientiert.
Diese zielgruppenspezifische Auswahl und Gewichtung der Deskriptoren und Schlüsselworte stellt an die Kompetenzen des Keyworders hohe Ansprüche.
Gefragt ist ein Kompetenzen-Mix aus Konzentration, Genauigkeit, Sorgfalt, Allgemeinbildung, Sprachgefühl, Urteilskraft und - Pragmatismus.
Diese merkwürdige Kombination der Kompetenzen ist charakteristisch für die besondere Schwierigkeit des Keywording und skizziert gut das eigentümliche Spannungsfeld zwischen Bild-Tatsache und Bild-Idee. - Keywording zwischen Faction und Fiction.
Was bedeutet das?
Jeder Bildkunde/Bildkäufer verbindet sein Wunschbild mit mindestens einem Schlüsselwort. Wie auch immer es sonst noch genannt wird - Schlagwort, Deskriptor, Stichwort, Suchwort, Slogan, Buzzword, Catchword oder Keyword.
Das Schlüsselwort kann ein Einzelwort sein, ein Wortensemble, ein Begriff, eine Phrase, ein Aphorismus, eine Sentenz, eine Redensart.
Es ist das „Sesam Öffne Dich“ zum Bewusstsein des Bildkunden/Bildkäufers.
Als Sesamwort öffnet es die verschlossene Tür zu genau dem Bild, mit dessen Hilfe der Bildkunde seinerseits ein eigenes Produkt, eine eigene Dienstleistung, eine eigene Ware der besseren Verkaufbarkeit zuführen möchte.
In der Regel ist das Wunschbild des Bildkäufers kein Zweck an sich, sondern wiederum nur ein Mittel, ein weiterer Baustein in einer größeren Vermarktungs- und Verkaufskette.
In einer solchen verkauft etwa der Keyworder seine Keywords einer Bildagentur, die diese betexteten Bilder wiederum einer Werbeagentur verkauft, die in einer eigenen Kampagne diese Schlüsselbilder wiederum mit neuen „Schlüsselworten“ oder „Slogans“ an einen Kunden verkauft, der diese Slogan-Kampagne wiederum nutzt als Mittel zum Zweck der Verkaufs-förderung eines ganz eigenen Endproduktes.
Das Wunschbild, wir nennen es hier das Schlüsselbild, ist daher für den Käufer vor allem Mittel zum Zweck der Wertsteigerung seiner eigenen Ware. Vermittels dieses Schlüsselbildes, so die Annahme, wird die Tür zum Kaufentschluss seiner Kunden geöffnet: ein Sesambild.
Eine Tür, die ohne dieses Sesam-Schlüsselbild nicht so leicht oder gar nicht zu öffnen wäre. Ein Schlüsselbild, das selbst wiederum eben nur durch ein Schlüsselwort überhaupt zu finden war. Voila.
Das alles ist vor allem Verkaufspsychologie, Spiel mit dem Unter- und Vorbewussten, Wünschen, Träumen, Archetypen.
Betrachtet im Kontext der Vermarktungs- und Konsumkette fungieren Schlüsselbilder und Schlüsselworte also in derselben Weise als Mittel zum Zweck. Sie verbessern den Verkauf einer Ware, dienen der Wertschöpfung, steigern den Marktwert. - Keywording ist Marketing Undercover.
Was bedeutet das?
Die unscheinbare, triviale Bildbeschriftung, das Keywording, ist für den Bildermarkt ebenso wichtig wie guter Kundenservice, gutes Marketing, gute Werbung.
Das Wort im Kontext der Werbung, als Werbeslogan, genießt allerdings ein ungleich höheres Ansehen als das gemeine Keyword. Tatsächlich ist das Ensemble der Keywords, der Keytext, dem Werbeslogan sehr verwandt: denn er ist nichts anderes als ein komplexes Wortensemble, sozusagen Keywording höherer Ordnung.
Im Bildermarkt gleichen die Werbeslogans weißen Schwänen. Die Keytexte kommen als hässliche Entlein daher.
Die Phrase, der Werbesatz, die Schlagzeile, der Slogan ist also vor allem bild-veredelnder Text zum Ziele der Verkaufsförderung von Waren, Produkten, Dienstleistungen.
Die Bilder einer Werbekampagne, - ob fixe oder bewegte Bilder, Zeitungsanzeigen oder Plakate, Videoclips, Filme oder Werbespots im Fernsehen, - werden immer begleitet von Worten.
Der gute Werbeslogan gewinnt in der Kommunikation des Alltags nicht selten ein wunderbares Eigenleben und haftet an einer Ware oft treuer als noch so schöne Etiketten.
Dann wirkt er im Konsumenten-Bewusstsein sogar primär als ein allgemeiner Stimmungsmacher und erst im zweiten Schritt als besonderer Kaufkatalysator.
Er wird idealerweise zum geflügelten Wort und löst sich ganz ab vom ursprünglichen Produkt respektive der Marke: „nicht immer, aber immer öfter“.
Im gleichen Maße wie die Magie und Macht der Werbeslogans steigt die Bedeutung der Keywords und Keytexte. Keywording wird umso wichtiger, je mehr Bilder auf dem Markt gehandelt werden und je größer die Nachfrage ist.
Im Koordinatensystem aus Angebot und Nachfrage spielen die Parameter Bildervolumen, Bildertransfer, Internet, Online, Globalisierung eine herausragende Rolle. Geschwindigkeit, Aktualität und Quantität dominieren alles.
Als Vehikel der Kommunikation in Massenmedien, Internet und E-Commerce sind Werbeslogans ebenso wie Keytexte besonders qualifiziert: Beide beziehen ihre Kraft aus der Verdichtung, Verkürzung, Zuspitzung, Übertreibung.
Das genau ist zugleich die Achillesferse von Keytext und Werbeslogan.
Der Preis von Pointe und Prägnanz ist die Unvollständigkeit durch Weglassenund die Ungenauigkeit durch Übertreibung. Werbung als gezieltes Weglassen ist kritisch betrachtet, Desinformation, Manipulation, Propaganda. Positiv formuliert erfindet die Werbung Märchen.
Im weitesten Sinne ist Werbung also Fast-Food-Animations-Entertainment.
Dem Werbeslogan sind die Fakten egal. Dieses lockere Verhältnis zu den Bildtatsachen ist uns besonders aus den besonders bunten Printmedien vertraut. Dort waren und sind die Blätter der Regenbogenpresse die Trendsetter für das Verhältnis von Wort und Bild.
Titelbild und Titelzeile sind der Boulevardpresse tendenziell einerlei, beinahe schon ununterscheidbar: denn die Buchstaben in einer Schlagzeile sind bereits von BILD-hafter Form und Größe, die sogenannten Zeilen von erstaunlicher Kürze und Prägnanz.
Das Titelbild ist nurmehr Glitzer, Glanz und Glamour und die komplementäre Schlagzeile hat fast jeden Bezug zu den Tatsachen verloren, ihr Wahrheits- oder Informationsgehalt geht gegen Null.
Keywording überschreitet nie diese Grenze zum phantastischen Märchen.
Der Keytext ist den Tatsachen verpflichtet. Er basiert auf dem Indexat, dem Fundament der Bildbeschreibung. Es respektiert die archivarischen, dokumentarischen Regeln und Prinzipien.
Keywording interpretiert die Bildtatsachen, aber verfälscht sie nicht: Es veredelt das Bild. Das ist - zweifellos - ein Drahtseilakt der Urteilskraft.
Wir haben oben skizziert, dass die Definition von Bildtatsachen und Bildideen im Keywording ebenso anspruchsvoll wie kontrovers ist. Wir haben gezeigt, dass Keywording einen bildwertsteigernden Subtext produziert. Und wir haben dargestellt, dass Keywording ein Marketing Undercover ist.
Nicht zuletzt aber ist Keywording eine pragmatische, intelligente, effiziente Suchsprache.
Sein Ergebnis, der prägnante Keytext, ist im globalen Bilderbusiness tagtäglich vierundzwanzig Stunden lang der Beobachtung und Kritik ausgesetzt. Immer auf dem Prüfstand. No time out.
Unter Bedingungen knapper Zeit, rasch wachsendem Bildervolumen, ständig wechselnder Seh- und Nachfrage-Gewohnheiten, heterogener Zielgruppen und sich verändernder Verkaufsstrategien seitens der Bildanbieter ist Keywording eine besonders wertvolle Kompetenz im Bilderbusiness: ebenso unterschätzt wie unentbehrlich. Am Ende entscheidet über seine Qualität allein - der Kunde.
Zum Erfolg verdammt. - Keywording im Bildermarkt: Undercover.
© Bernd Wohlert, Dokfünf Keywording, April 2009